BEARBEITUNG EINES LÖWEN
Dieser Löwe war mein Sorgenkind.
Wie alle meine Skulpturen habe ich den Löwen
auch nach den Bildhauerprinzip gearbeitet.
Und leider maßlos dabei übertrieben, als ich
die ungefähre Form des Löwen auf den Tisch
aufschlug.
Die Grundform wurde größer und größer.
Ich dachte, na ja, macht ja nichts, du nimmst
ja eh eine ganze Menge wieder ab. Was dann
aber doch nicht so war. Irgendwann habe ich
dann mal nachgemessen und mit Schrecken
festgestellt, daß er nicht mal annähernd in
unseren Ofen gehen wird.
Das bereits fertige, stolz erhobene Haupt
mußte dann einem gesenkten Kopf weichen
und die vorderen Beine und Tatzen wurden
auch noch rigoros verkürzt.
So kanns gehen im Überschwang, das war
jedenfalls eine böse Falle :-)
Wobei, zum Lachen war es mir wirklich nicht,
denn seine Ausmaße waren trotzdem noch
riesig, zumindest für unseren Ofen.
Und nachdem der Löwe ein gutes
halbes Jahr trocknen mußte, war es die reinste
Zitterpartie bis dahin.
Zum Glück hat die Keramik ja immer noch eine
Trockenschwindung, und letztendlich ging er dann
doch noch in den Ofen.
Aber auch nicht, ohne vorher Zicken zu machen:
Erst hat er dezent sein Pfötchen auf die Heizspirale
abgelegt, was aber zum Glück Tatze und Heizspirale
ausgehalten haben.
Als er dann endlich richtig saß, ist die Einbauplatte
über dem unteren Besatz - platzsparend haben wir
natürlich unten noch Keramiken hineingestellt -
komplett zusammengebrochen.
So haben wir diesen eigenwilligen Löwen ganz alleine
gebrannt.
Eine kleine Beschreibung über den
Arbeitsablauf ...
Sobald der Löwe die Form bekommen hat,
die ich mir vorgestellt habe, wird er etwa
zwei Wochen vorsichtig angetrocknet.
Tägliche Überprüfung und auch Benetzung
von etlichen dünneren oder abstehenden
Teilen ist dabei sehr wichtig.
Dann haben wir den Löwen in zwei Teile geschnitten.
Ohne Hilfe geht das nicht - und auch nicht ohne
Geschrei :-))
Da stehen doch einige Kilo auf dem Tisch, und da die
beiden Hälften, ohne große Verletzungen des immer
noch weichen Löwen, auseinander zu bekommen, ist
schon Schwerstarbeit.
Auf jeden Fall ist es immer eine große Überwindung für uns, den
Schneidedraht anzusetzen und die eigentlich fertigen Skulpturen
so rigoros zu zerstückeln. Bei dem Löwen ging das ziemlich gut, aber bei manchen schwierigen Teilen muß man schon oftmals
noch dazu den Kopf oder die Füße abschneiden, um alles gut
aushölen zu können.
Ja, und dann beginnt die Fleißarbeit ...
mit Metallschlingen wird nun der ganze Ton innen mühevoll
entfernt, bis eine saubere, gleichmäßige Wandung von
1.5 cm bis 2 cm, je nach Größe der Skulptur, stehen bleibt.
Die Schwierigkeit ist dabei, alle Rundungen, Wölbungen oder nach
innen gehende Stellen gleichmäßig zu erfassen, um dabei keine
Dünnstellen zu bekommen oder zu dicke Wandungen stehen zu lassen.
Es hält ziemlich auf, dies zu erfühlen oder die Skulpturhälfte
immer wieder zu drehen, damit man sich den Formverlauf
einprägt.
Diese Technik mit dem Aushölen ist zwar ziemlich aufwändig,
hat aber den Vorteil, daß man sehr frei arbeiten kann.
Bei anderen keramischen Techniken muß man sich eigentlich vorher schon etwas festlegen, wie die Form denn
aussehen soll.
Hier, bei dem Massiv Aufbau kann man rein intuitiv arbeiten.
Ich mache oftmals Arbeiten nur nach einer Idee oder kurzen
Notizen. Allerdings, hier bei dem Löwen habe ich schon die
Proportionen vorher skizziert.
Sobald die beiden Hälften dann sauber ausgehölt sind,
werden die Ansatzstellen der Wandung aufgeraut ...
dann kommt rundherum an beide Hälften gut Schlicker
( weichgekneteter Ton ) daran
und dann werden vorsichtig die beiden Hälften wieder
zusammengesetzt.
Was sehr schwierig ist, weil der Ton wegen der Nacharbeitung
immer noch ziemlich weich gehalten ist und man deshalb
eigentlich nicht zu fest drücken darf. Was aber trotzdem sein muß, damit die beiden Hälften fest aneinandergepreßt werden.
Sonst würden später Risse beim Trocknen oder beim Brand entstehen.
Man sieht, das Ganze ist also ziemlich diffizil zum
Bearbeiten.
Nun wird alles wieder sauber nachbearbeitet ...
bis der Löwe wieder in seiner ursprünglichen Form
dasteht bzw. sitzt.